Aus gegebenem Anlaß möchten wir diesen Artikel einem häufig anzutreffenden Mißverständnis widmen:
“Warum ist der von Ihnen ermittelte Verkehrswert nicht der Kaufpreis, den ich zahlen muss (aus der Sicht des Käufers) bzw. der Verkaufspreis, den ich erzielen kann (aus der Sicht des Verkäufers)?”
In einem perfekten Markt sollten die beiden (Verkehrswert und Ankaufs- bzw. Verkaufspreis) Werte übereinstimmen. Wie wir aber alle wissen, ist der Markt nicht perfekt. Derzeit prägen insbesondere drei Tendenzen das Marktgeschehen: Alle drei Tendenzen führen insbesondere in den Regionen der A- und B-Städte zu außergewöhnlichen Marktbewegungen. Hier kennt der Preis derzeit nur eine Richtung: nach oben und teilweise im 2-stelligen Prozentbereich pro Jahr! Hier sind – entgegen der beschwichtigenden Aussagen der Politik – alle Kriterien einer “Blasenbildung” vorhanden. Das Anwachsen einer Anlageblase endet, wie bereits in den USA, Griechenland und Spanien mit deren Platzen und einer Rezession, in deren Verlauf sich das Preisniveau korrigiert.
Der Verkehrswert darf keine solche Entwicklung berücksichtigen. Die Berechnungsgrößen und Parameter der Wertermittlung fußen auf der jahrzehntelangen Marktauswertung durch die Gutachterausschüsse und deren Datenbeständen, entsprechenden statistischen Erhebungen, Veröffentlichungen und bundesweit gültigen Gesetzesverordnungen. Dies stellt eine verlässliche und nachhaltige Grundlage für die Ermittlung des Verkehrswerts dar. Diese Grundlage wird fortlaufend aktualisiert und fortgeschrieben. Kurzzeitige, nicht dauerhafte Marktturbulenzen – egal in welche Richtung – darf der Verkehrswert nicht abbilden.
Kaufpreise / erzielbare Verkaufspreise sind Momentaufnahmen ohne die Gewähr einer nachhaltigen Wertstabilität. Sobald sich beispielsweise das Hypothekarzinsniveau ändert, sind überhöhte Kaufpreise wegen einer geringeren Interessentenzahl nicht mehr länger durchsetzbar. Bei einer sich verändernden Angebotssituation (z. B. Angebot > Nachfrage) ändern sich auch die Kaufpreise, da sich die Konkurrenzsituation auf der Angebotsseite verschärft.
So kann es innerhalb einer (angesichts der Nutzungsdauer von Immobilien) kurzen Zeitspanne zu massiven Preiskorrekturen und Wertverlusten bei den in einer Boom-Phase erworbenen Objekten kommen.
Ein noch gravierenderes Risiko ist die Gefahr der Zinskorrektur nach oben. Gerade bei fremdfinanzierten Immobilienkäufen, die den Käufern beim aktuellen Zinsniveau alles abverlangen kann es bei kurzlaufenden Erstfinanzierungen (5-10 Jahre) und einer geringen Tilgung (z.B. 2% / Jahr) bei Ablauf des Finanzierungszeitraums und der Notwendigkeit einer Anschlussfinanzierung zu großen Schwierigkeiten kommen. War eine Rate bei beispielweise 2,8% Zinsen / Jahr noch tragbar, wäre sie nach nur 5 Jahren und einem moderat veränderten Zinsniveau von 5% nur unter großem finanziellen Mehraufwand weiterzuführen.
In einem späteren Artikel werde ich die Auswirkung eine niedrigen Leitzinsniveaus auf die Immobilienmärkte an Beispielen veranschaulichen.